I miss you

Geschichten über Spieler- und Nichtspieler-Charaktere des VSWR-Universums
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Javir
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Beitrag von Javir » Montag 25. Juli 2005, 12:39

0703.09 nE ; Transitroute Thyferra - Qretu 7

"Where are you
and I'm so sorry
I cannot sleep
I cannot dream tonight..."


Der dumpfe, aber von den Dämpfungssystemen weitgehend unterdrückte Stoß, der das Schiff aufgrund des Hyperraumaustrittes erfasste, ließ Javir auffahren.
Gequält wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Von wegen die Zeit heilt. Die Albträume wurde nur schlimmer!
Frustration über seinen Gemütszustand war in diesen Tagen nichts Neues für ihn, doch er hatte eine Entscheidung getroffen. Die Entscheidung, sein inneres Gleichgewicht wieder zu finden. Doch war er dazu überhaupt fähig? War er in der Lage, auch diesen Rückschlag zu verkraften?
Sein Blick schweifte aus dem Shuttlefenster auf die rasch größer werdende grüne Kugel. Er seufzte. Wie schön war die Zeit in seiner Heimat nur gewesen. Und wie töricht, dieses Paradies für ein paar abgedroschene Ideale wegzuwerfen, in einer Zeit, die von jugendlicher Rebellion und Tatendrang geprägt war. Doch keine einzige Sekunde bei der Flotte würde er missen wollen...
Da war seine Jugendliebe, wie er sie gerne bezeichnete. Er lernte sie an seinem allerersten Tag in der Messe kenne. Ihr Name war Kari. Sie war etwa so alt wie Javir selbst. Hübsch, trug aber ein nebulöses Verhalten mit sich.
Vor dreieinhalb Jahren wurde sie auf einer Patrouille einfach erschossen.
Oder die beiden Staffelkommandanten, die damals im selben Sektor stationiert waren. Steele wird sein gut vier Jahren vermisst, Ardakk seit drei.

Ein weiterer Seufzer hallte durch die ansonsten leere Shuttlekabine.

Auch Vyse und Jeff Clint hatte Javir im Dienst für die Flotte kennengelernt. Vyse war damals sein bester Freund, ehe er aus unerklärlichen Gründen durch einen Sabotageakt eine ganze Flotte ins Verderben stürzte. Noch immer wusste Javir nicht, ob sie ihn damals nun gerettet oder nur festgenommen haben. Als die VFI damals Coruscant eroberte, blieb keine Zeit für die Evakuierung der orbitalen Hochsicherheitstrakte. Ein weiterer Vermisster.
Im Gegensatz zu dessen kleinem Bruder Jeff, seinem wirklich besten Freund. Sie hatten die größten Gefahren zusammen gemeistert. Egal, ob im Dienst oder Privat. Vor eineinhalb Jahren wurde er bei der Rettung des Präsidenten erschossen.

Javir unterdrückte die Tränen. Jeff Clint war gute vier, fünf Feyl'lyas Wert gewesen! Zum 'Helden der Republik' wurde er vom Bothan persönlich ausgezeichnet, doch noch in seiner Rede sprach der Nichtmensch sogleich wieder vom neuesten frevlerischen Akt seiner Gegner im Senat. Diese feigen Politiker!

Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Generals, als seine Gedanken sanft den blonden Haarschopf eines kleinen Waisenknaben streichelten. Phyll war gerade mal zehn Jahre alt gewesen, als seine Krankheit ihn zu Grunde richtete. Alle Bemühungen Javirs konnten es nicht verhindern.

Und nun seine Frau und sein eigener Sohn...

Er schloss rasch die Augen, als die Tränen ihn wieder zu übermannen drohten. Doch wie so oft in letzter Zeit war er chancenlos. Verzweifelt vergrub er sein Gesicht und die geröteten Augen in den Händen. Was musste er noch ertragen, um sein Glück zu finden? Welchen Fehler hatte er nur begangen, um so vom Schicksal missachtet zu werden?
Vollkommen erschrocken zuckte Javir zusammen, als sich die Cockpittür öffnete und sein langjähriger Adjutant, Alan Gorwyck, heraustrat. Der blonde Hüne diente dem General hauptsächlich als Sekretär und Verwalter auf der 'Nightingale', der stets im Hintergrund blieb. Mit bewusst teilnahmsloser Miene, aber sorgenvollem Blick bedachte er seinen Vorgesetzten mit einem stillen Seufzer.
"Wir sind gelandet, Mister Tyr. Ihr Vater erwartet sie bereits draußen.", meldete er.
Das überraschte Javir. War er so in Gedanken versunken, dass er nicht einmal mehr eine Landung bemerkte? Oder waren die hydraulischen Dämpfer noch besser, als sie von ihren Erbauern angepriesen wurden?

Ohne Bedeutung. Nichts hatte mehr Bedeutung für Javir.
Kann ich sie wiederfinden?, sinnierte er, als er sich erhob und dem Lieutenant ein dankbares Nicken zukommen ließ Und wenn ja: Wo finde ich sie?

Gorwyck betätigte den Code für die Öffnung der Rampe und sogleich ertönte das gleichmäßige Geräusch, das die sich ausfahrende Rampe von sich gab. Als sie den Boden berührte, hob sich die Dunkelheit im Shuttle, die durch den Verdunkelungseffekt der speziellen Transparistahlfenster verursacht wurde, sofort auf.
Die Kabine wurde in helles Licht getaucht, während zusätzliches Sonnenlicht durch die sich öffnende Luke ins Innere flutete. Beide Shuttleinsassen kniffen ihre Augen zu, um dem plötzlichen Intensitätswechsel entgegenzuwirken.

Qretu 7 Raumhafen, Navan City

Am Ende der Rampe wurde Javir von einem älteren Herrn mit ergrautem Haar erwartet. Der Mann war noch größer als Javir und trug seinen marineblauen Arbeitsanzug.
Der General schloss kurz die Augen und atmete - wie so oft schon auf dieser Reise - ein weiteres Mal tief durch, ehe er die Rampe hinunterschritt und dem Mann in die Arme fiel. Vater und Sohn drückten sich gegenseitig für gut eine halbe Minute an sich, ehe sie voneinander abließen.
"Es tut gut dich zu sehen, Junge.", stellte sein Vater mit einem Lächeln fest und schlug ihm dabei sanft auf die Schulter. Diese typische Geste rang seinem Sohn ein dünnes Lächeln ab.
"Geht mir genauso.", antwortete er wahrheitsgetreu.
Ryan, sein Vater, nickte mehrmals.
"Lass uns zu deiner Mutter fahren. Sie wird begeistert sein, dich zu sehen.", schlug er vor und verwies einladend auf seinen nahestehenden Speeder. "Wird dein Adjutant ebenfalls unser Gast sein?"
Gorwyck antwortete selbst: "Nein, Sir. Ich bleibe beim Shuttle und sorge für dessen, mh, guten Zustand. Es ist keines der billigeren Preisklasse." Ryan lächelte.
"Ich verstehe." Die beiden Tyrs schwangen sich nach wenigen Metern Fußweg in den Speeder und fuhren los. Als sie den Raumhafen verlassen, und auf einen eigens eingerichteten Motorway der Hauptstadt wechselten, klopfte Ryan Javir ein weiteres Mal auf die Schulter. Er blickte ihn nicht an, als er mit ernstem Gesicht sagte:
"Was auch immer passiert ist, du bist bei uns richtig, Sohn."

Das Haus der Tyrs konnte man nicht als riesig bezeichnen, aber klein war es in keinem Fall. Die Wohnräume verteilten sich auf zwei Etagen und ein Kellergewölbe, die alle einen wundervollen Blick auf die Weidenfelder im Hinterland boten.
Die beiden Männer waren noch nicht richtig aus dem geparkten Speeder ausgestiegen, da wurden sie auch schon von einem schallenden Gelächter begrüßt.
Ein etwas untersetzter, ölverschmierter Mechaniker trat aus dem Werkstattstor im Nachbarhaus und schob sich seine etwas albern wirkende Schirmmütze aus dem Gesicht.
"Na wenn das mal nicht der kleine Javir ist!", rief der bereits ältere Handwerker erfreut und schoss mit wenigen Schritten auf den Heimkehrer zu. Javir lies eine schmerzende Umarmung über sich ergehen, ehe er sich mit etwas Gewalt aus der Umklammerung befreien musste.
"Immer noch der alte Undur", stellte er mit einem dünnen Lächeln fest. "Schön, dich mal wieder zu sehen"
Der Chefmechaniker der Werkstatt nickte eifrig. "Beruht auf Gegenseitigkeit, mein Kleiner!", quiekte er vergnügt. "Schau doch später mal vorbei, ich hab hier einen echten Schlitten von Klasse!" Mit diesen Worten verschwand Undur auch wieder in der Werkstatt seines Vaters.
Ryan schüttelte lächelnd den Kopf. "Der alte Undur", seufzte er. Sein Sohn nickte nur knapp und begann gedanklich in alten Zeiten zu versinken. Doch sein Vater weckte ihn aus seiner Trance.
"Deine Mutter wartet, Jav."
Wieder nickte Javir und betrat stumm seine alte Heimat.

Der Duft von gebratenen Gondon-Enten füllte die gesamte erste Etage und es war ein leichtes, Rhu Tyr in der Küche wiederzufinden.
Mit einem traurigen Gesicht verweilte Javir in der Tür und beobachtete seine Mutter. Noch immer zeigten ihre Haare - ganz im Gegensatz zu seinem Vater - keinerlei Anzeichen von Ergrauung. Rhu Tyr strahlte eine ruhige Eleganz aus, um die sie viele Frauen beneideten - einschließlich seiner Frau Yuki bei ihrem letzten Besuch.
Javir verdrängte jegliche Gedanken an seine Familie und klopfte leise gegen die offen stehende Tür, um seine Mutter nicht zu erschrecken. Überrascht, aber nicht erschrocken, sah Rhu vom Entenbraten auf und drehte sich zu ihrem jüngsten Sohn um. Ein bezauberndes Lächeln stahl sich auf das Gesicht der älteren Dame.
"Jav", begrüßte sie ihn "Wie schön dich wiederzusehen."
Javir konnte nur nicken, als sein Blick die Klarheit verlor. Zu gegenwärtig wurde ihm in dieser vertrauten Umgebung, mit seinen Eltern, welchen Verlust er erlitten hat. Bemüht seine Fassung zu bewahren, schloss er die Augen, doch er konnte die Tränen, die seine Wangen hinabliefen, nicht verhindern.

In diesem Moment brach der General der Neuen Republik, Kommandant eines schweren Kreuzers und Befehlshaber über mehrere tausend Individuen in den armen seiner Mutter zusammen und ließ seinen Gefühlen erstmals seit der schrecklichen Nachricht vollends freien Lauf.

"...I need somebody and always
this sick strange darkness
comes creeping on
so haunting every time."


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Lyrics & Music by Blink 182 "I miss you"


Kritik & (passender) Kommentare dürfen geäußert werden.
Gezeichnet
~ Sir Javir Tyr, General (a.D.)
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+ ehem. Kommandant der HCr 'Nightingale'
+ ehem. Vice Command in Chief New Republic Fleet Intelligence
+ Knight Errant of the Star Kingdom of Hapes
+ im Ruhestand ebendort

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Catherina Valmont
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Beitrag von Catherina Valmont » Montag 25. Juli 2005, 14:10

Schöne Story, Jav, wirklich. Sehr gefühlvoll geschrieben, find ich echt toll. :)
gez.
Flight Cadet Catherina Valmont

Charakter-Theme: Vangelis - Conquest Of Paradise

Teal_Anasi
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Beitrag von Teal_Anasi » Montag 25. Juli 2005, 18:07

Armes Javir ;)

Wie immer klasse Story und lesenswert. ^_^
Gruß<br><br><b><i><span style='color:blue'><span style='font-size:14pt;line-height:100%'> Teal Anasi</span></span></i></b>

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Lightshade
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Beitrag von Lightshade » Montag 25. Juli 2005, 20:20

Sehr sehr schöne Geschichte :D

Ausser das "ich" "nicht" drin vorkomm. Nur 2 ma ^^
- Storyline-Koordinator des VSWR IRC-Rollenspiels

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