Erhebung

Geschichten über Spieler- und Nichtspieler-Charaktere des VSWR-Universums
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Gast

Beitrag von Gast » Donnerstag 10. Juli 2003, 20:05

Die Musik, die gespielt wurde, war pompös. Viele der Anwesenden fühlten sich spontan an Aufmärsche aus uralten Holodramen erinnert. Gewissermaßen war das sogar richtig. Ein neuer Feldmarschall wurde erhoben... der oberste aller Generäle.
Die ganze Halle hatte sich mittlerweile angefüllt mit Offizieren der Armee in den hinteren Reihen, Dozenten der imperialen Universität Coruscant in ihren weißen Mänteln weiter vorne, und weiter vorn bis hin zur ersten Reihe allesamt Generäle der Armee, die gekommen waren, ihrem neuen Oberbefehlshaber Respekt zu zollen; unscheinbare Männchen in dunkelgrauen Mänteln und schließlich in der ersten Reihe auch eine handvoll persönlich geladener Offiziere aus anderen Flottenzweigen und Institutionen.

Für einen Platz in der ersten Reihe musste man schon mindestens ein General mit 2 gelben Rangflächen, zahlreichen Auszeichnungen oder ein speziell ausgewählter besonderer Offizier des zukünftigen obersten Generals der Streitkräfte sein. Keine Frage also, dass sich jeder der im Saal anwesenden Offiziere der Armee nach einem Platz in dieser Loge der direkten Begünstigten alle zehn Finger leckte. Trotz alledem war ein Sitz in direkter Umgebung mehrerer der grauen Männer, genauer gesagt inmitten der einzigen wirklichen Ansammlung dieser, denn eigentlich waren sie nur spärlich über den ganzen Saal verteilt, an der Ecke der ersten Reihe frei.

Drei Paar Stiefel rasten im hastig-zackigen Gang auf den Steinfussboden eines der Flure in einer der höchsten Etagen, die es auf Coruscant überhaupt gab, aber ohne ein lauteres Geräusch zu machen als jemand, der vorsichtig schleicht. Die Sich-Bewegenden hatten über die Jahre gelernt, dass es nicht unbedingt notwendig war, beim schnellen Gehen besonders auffällig zu sein. Plötzlich stoppten sie unvermittelt, als der Vorderste der Drei ohne ein Wort die Hand hob und damit ohne auch nur ein lauteres Geräusch zu machen, als der Luftzug, der in dieser Sekunde der Bewegung über den Ärmel seiner Uniform strich, alle drei anhielt.

Die, in einen schwarzen Standardhandschuh gekleidete, Hand, die noch mehrere Sekunden regungslos in der Luft verblieb war das Zeichen für die beiden Hinteren, sich ohne Widerworte oder Anfragen synchron in entgegengesetzte, dunkle Ecken des Raumes zurückzuziehen und dort, mit dem Blastergewehr vor der Brust, so lang Wache zu stehen, wie ihr Vordermann brauchen würde, um zurückzukommen, selbst wenn er sich überlegen sollte, eine ganze Woche dort zu bleiben, wo er hin wollte.

Fanfaren ertönten, als die Flügeltüren genau zum richtigen Zeitpunkt auf schwangen. Durch den langen Saal, der angefüllt war mit Offizieren und Zuschauern in Zivil, zog sich in der Mitte ein Gang aus schwarzblauem Stein, aus dem auch der ganze Palast gebaut war. Sturmtruppen gingen langsam bis nach vorn zum Podest, aufgeteilt in zwei Reihen.
Synchron zu einem Fanfarenstoß teilten sich die beiden langen Reihen in der Mitte, salutierten und marschierten mit großem Fußgeknalle an die Seiten des Ganges, so dass sie ein Spalier bildeten. Dort rammten sie schwungvoll die Kolben ihrer langen Blastersturmgewehre, die zum Anlass mit langen, scharfen Vibro-Bajonetten bestückt worden waren, auf den Boden und neigten ihr Haupt. Genau als diese Bewegung abgeschlossen war, erschien in der Mitte der Bühne eine Gestalt in weiß. Damit auch auf dem letzten Sitz in der letzten Reihe des Saales jeder erkennen konnte, um wen es sich handelte, wurde das Bild von Großadmiral Merak auf großen Bildschirmen übertragen.
Jeder im Raum Anwesende erhob sich und salutierte respektvoll, um sich auf ein Zeichen seiner Admiralität wieder zu setzen.

Schritte wurden hörbar. Kräftige, wenn auch nicht laute Schritte auf dem glänzenden Stein. Er kam langsam herein, langsam und würdevoll. Nor hatte das Haupt erhoben und schaute auf die Bühne, bevor er diese selbst über die Treppe in der Mitte bestieg.
Abermals salutierten die versammelten Offiziere. Der angehende Field Marshall erklomm die Treppe, die auf das Podest von der Größe eines Einfamilienhauses führte und drehte sich am oberen Treppenabsatz um. Unter ihm saßen die allesamt menschlichen imperialen. Die Reihen, die alle bis zum letzten Platz gefüllt waren, schienen sich in dem ausnehmend kalt wirkenden Palastsaal nach hinten bis in die Unendlichkeit zu ziehen, so viele Gesichter schauten zu ihm herauf.
Ein knappes Nicken, dass dem Pomp und Prunk der Ernennung in seiner Simpelkeit völlig entgegengesetzt zu sein schien, zeigte an, dass er es wahrgenommen hatte, dann drehte er sich in einer zackig-militärischen Bewegung um und blickte dem entgegen, was da kommen mochte.

Der Kragen der weißen Uniform rieb schmerzhaft über seinen Hals. Nun konnte er endlich wieder aus seiner Lieblingsposition beobachten: Von hinten. Die Loge, deren Fenster in aufwendiger Weise so gearbeitet war, dass es von außen von der Wand nicht zu unterscheiden war, erlaubte ihm einen guten Ausblick auf die Szenerie.
Silver kümmerte das nicht. Er hatte seit der "zweiten Gründerzeit", dem Zeitraum, seit der damalige Generaladmiral sich zum Imperator gekrönt und Silver als langjährigen Feldmarschall zum Großadmiral berufen hatte, mehr offizielle Anlässe über sich ergehen lassen müssen, wie in der gesamten Zeit der VFI vorher nicht. Und genau diese Würde, die Ausübung der gesamten Bodentruppenmacht als Feldmarschall des Imperiums würde er nun weitergeben.
Alistair Silver blickte von seinem erhöhten Standpunkt hinter dem Rednerpult auf Nor herab und sah das, was er erwartet hatte, was man immer sah, wenn man nach Nor suchte.
In den Jahren, in denen das alte Imperium untergegangen und die VFI sich an seinen Platz gesetzt hatte, hatte Silver seit jeher ein Auge für seine Untergebenen behalten und gerade Nor hätte er selbst von hier oben aus erkannt, wenn er unten in der letzten Reihe gesessen hätte.

Stets war er ordentlich, sauber... aber auch unscheinbar. Eine sorgsam einstudierte Eigenschaft, wie der Admiral vermutete. Ein Blick zum Rednerpult auf Grossadmiral Merak zeigte Silver an, dass es gleich beginnen würde.

Nor erreichte die Bühne und stand stramm. Der Großadmiral nickt ihm zu.
"Heute ist ein großer Tag für die imperiale Armee. Es war in der Jugendzeit der vereinten Flotte, als ein junger Colonel durch besondere Leistungen im Bereich der Personalausbildung das Augenmerk eines meiner engsten Mitarbeiterorgane auf sich zog. Obwohl ich anfänglich skeptisch war musste ich eingestehen, dass die Talente des Mannes schätzenswert waren. Und so beobachtete ich den Aufstieg des Mannes, der heute vor uns steht, als ein Beispiel an Imperialität und direkter Loyalität aber auch Kompetenz... General Feus Nor."

Nor hasste Prunk. Nor hasste Protz. Nor hasste Shows.
Diese ganze Veranstaltung, so sehr der Titel des Feldmarschall auch zu seinen Wünschen seit seinem Eintritt in die Vereinte Flotte gehörte, widerte ihn geradezu an. Seine dunkelbraunen Augen wanderten kurz über die Offiziere, während er das leichte Lächeln äußerlich bewahrte.
Am oberen Ende der breiten Treppe angelangt drehte er sich knapp um, das Protokoll, dass man ihm bei seiner Erziehung zum politischen Amt, die er schnell abgebrochen hatte, kurz aber überzeugend erfüllend.

"General Nor. Sie sind gekommen, um die höchste Ehre zu empfangen, die ein General sich erträumen könnte. Der höchste Rang, den ein Soldat erringen kann, auch wenn er dafür durch Blut und Schlamm muss. Sie wurden aus allen Generälen ausgewählt, die Führung über diese zu übernehmen.
Der Innere Zirkel hat sich dafür entschieden, Sie aus der Linie der hochqualifizierten Führer auszuwählen. Die besondere Qualifikation liegt in der, nicht minder besonderen, Qualität Ihrer Loyalität und in der Art und Weise wie Sie es verstehen, diese an Ihre Untergebenen weiterzugeben..."

Merak wurde unterbrochen. Er hatte nicht gewusst, dass die Plattform mehr als bloß ein Zeremonienobjekt war. Aber hinter ihm ertönte unweigerlich ein Geräusch. Er kam nicht umhin, sein schlachterprobtes Gesicht von der Menge vor ihm zu lösen und dem, noch immer lächelnden, General. Wieso er lächelte, sah der Admiral sofort, als er sich in die Richtung des leisen Geräusches drehte.

Der Imperator war immer ein vollkommener Dramaturg gewesen.
Auch diesen Moment hatte er vollkommen gewählt. Hunderte Offiziere senkten respektvoll ihr Haupt als der absolute zivile und militärische Herrscher über alle imperialen Sternensysteme, auf einem schlichten aber dennoch herrschaftlichen, dunklen Thron sitzend über eine versteckte Hebebühne mit einem mal mitten auf der Plattform saß und abschätzig in die Menge zu seinen Füßen blickte.

Duath stellte innerlich schmunzelnd fest, dass Merak, der sich zwar bemühte sich nichts anmerken zu lassen, erschrocken auf sein Erscheinen reagierte. Natürlich fiel das niemandem auf, der nicht schon seit Jahren über das Schicksal dieses Mannes gebot, wie Gelin Duath es jeden Tag tat.
Es war Zeit, die Stimme zu erheben. Absolute Stille war im Saal eingekehrt, als der Kaiser seine Stimmbänder anstrengte.
"General. Ich habe ein Präsent für Sie. Wir beide hassen... zu viel Firlefanz, nicht wahr?"
Nor ging knapp grüßend am Großadmiral vorbei und stellte sich in einigem Abstand vor dem Thron auf, um dort niederzuknien.
"Ich empfange nur, was ihr mir zugesteht, mein Kaiser."

Der finstere Herrscher auf seinem dunklen Thron ließ ein böses Lächeln hervorstechen, während das ganze Gewölbe seiner Bewegungen harrte. Der Herrscher des Kaiserreiches streckte dem knienden Offizier in Galauniform einen schlichten braunen, lackierten Holzstab entgegen. Der Marschallstab des neuen Imperiums.
"Ich vertraue euch meine Legionen an, Feldmarschall Nor. Erhebt euch."

Aus den Rängen brandete Jubel auf, Offiziere erhoben sich und klatschten, Lobesrufe wurden laut. Der frischgebackene Feldmarschall erhob sich, den Kopf immer noch gesenkt, langsam schlich sich ein Lächeln auf seine Züge, als er sich zum Publikum umdrehte.
Der Beifall wurde immer tosender und steigerte sich, für imperiale Verhältnisse, schon fast übermäßig. Nor trat weit nach vorn auf das Podest, nur wenige Zentimeter von der Kante, deren Übertreten ihn unsanft auf den, mehrere Meter weiter unten liegenden, Boden befördern würde und ließ den Applaus einige Momente mit geschlossenen Augen gegen sich anbranden.
Dann öffnete er die Augen und machte mit der Hand eine harsche Geste, die im Armeejargon "Ruhe" bedeutete.

Die Menge verstummte sofort und erwartete eine reißende Rede, schließlich war der Kaiser anwesend. Der Feldmarschall der Armee schaute ein paar Sekunden nach unten, klemmte sich den Marschallstab unter den Arm, wie jemand der sich zum gehen rüstete, dann rief er in den Saal.
"Dienst nach Vorschrift. Sofort."

Gast

Beitrag von Gast » Freitag 11. Juli 2003, 01:41

Du hast nicht zuviel versprochen

Eine äußerst würdevolle und treffende Geschichte

Meinen Glückwunsch! :-)

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